
Hallo Peter. Wie geht´s?
Peter: Wunderbar. Wir erleben momentan eine wunderschöne Tour. Wir hatten zuletzt zwei Tage Pause und hatten eine sehr schöne Weihnachtsfeier. Den gestrigen Tag brauchte ich dann allerdings auch, um mich zu regenerieren.
Kommen wir kurz zum neuen Album. Warum habt ihr es nicht erneut im Proberaum aufgenommen? Euer Vorgängeralbum Boombox hat ja bewiesen, wie gut das funktioniert und schließlich ihr habt von den vielen Vorteilen gegenüber einem Studio geschwärmt. Warum seid ihr doch in den Schaltraum gegangen?
Peter: Der Proberaum ist toll. Diese viele Zeit, die man dadurch zum Aufnehmen hat, ist ein ziemlicher Luxus. Allerdings hat man dadurch auch immer noch die Möglichkeit, Dinge zu verbessern, oder eben auch zu verschlimmern. Das kann sich auch negativ auswirken, wenn man jeden Tag wieder etwas ändern kann. Daher wollten wir eine kleine Gegenreaktion machen. Wir wollten von Anfang an klarmachen, welche Lieder wir aufnehmen und diese dann proben. Schließlich wollten wir in einer bestimmten Zeit das Album im Studio aufnehmen.
Ihr seid ja auch unter anderem immer bekannter geworden, dass Ihr Vorband der Ärzte oder der Hosen ward. 2007 habt ihr dann schließlich eure erste EinsLive Krone abgeräumt. Wie war es dann letzte Woche für Euch, dass Kraftklub, die Ihr 2011 noch als Vorband dabei hattet, euch die Krone vor der Nase wegschnappt hat?
Peter: Es gibt kein schöneres Gefühl, dass eine Band wie Kraftklub, uns das Ding "vor der Nase wegschnappt." Ich war ganz froh, nicht auf die Bühne zu müssen, weil so große Aufläufe und Dankesreden nicht so mein Ding sind. Auch wenn die eh jemand anderes aus der Band gehalten hätte. Ich war richtig stolz auf die Kraftklub-Jungs und dann haben sie sich sogar noch extra bei uns gedankt. Da dachte ich mir: "Das ist aber eigentlich schon zu viel des Guten. Der Dank gebührt uns gar nicht." Da war ich wirklich überrascht, dass sie noch so daran zurückdenken und diese Tour eine so große Bedeutung für sie hatte. Da haben sie wirklich Größe gezeigt und ich war total beeindruckt.
Wo wir gerade bei der EinsLive Krone sind: Ihr habt einen Tag vor der Verleihung ein Konzert im kleineren Rahmen gespielt. Wie war dort die Situation für Euch? Es war doch sicherlich etwas ungewohnt, sich im Kreis als Band gegenüber zu stehen und von den Blicken der Zuschauer komplett eingekesselt zu sein.
Peter: Da standen wir wirklich wie auf dem Präsentierteller und konnten nicht weg. Aber es war richtig toll und wir waren selbst überrascht, dass das doch so viel Spaß machen kann. Es war eigentlich nur als ein ganz kleines Mini-Ding geplant. Wir dachten, wir spielen einfach nur für die Kameras. Komischerweise driftete das dann aber doch wieder in ein Konzert ab. Die Leute waren dann doch wieder wichtiger als die Kameras. Das war aber total super.
Letzte Woche wurde anlässlich Eures 20. Bandjubiläums das nächste Wuhlheide-Konzert angekündigt. Wir haben gerade gehört, dass das Konzert sogar ausverkauft sein soll.
Peter: Ja, wir können es selber gar nicht glauben. Das muss man sich mal vorstellen. Wir haben innerhalb von einem Tag über 10 000 Tickets verkauft. Und das für eine Band, wo doch Gitarrenmusik momentan gar nicht so angesagt ist. Eigentlich geht es ja für Gitarrenbands derzeit so ein bisschen den Bach herunter. Anscheinend haben wir da wohl eine kleine Ausnahmestellung und das ist total toll.
Da würde es sich doch eigentlich anbieten, im Vorfeld eine Tour durch kleine Berliner Clubs zu machen, um dort mal eure ersten Alben komplett durchzuspielen. Dies wird ja aktuell immer mehr zur Mode. Habt ihr Euch über sowas scho einnmal Gedanken gemacht bzw. würde dies in Frage kommen?
Peter: Wir versuchen, erst einmal keinem Trend hinterherzurennen. Damit geht´s schon einmal los. Wenn der eine etwas macht, dann machen wir gerade das erst einmal nicht. Wir können uns da aber momentan keine Gedanken drum machen. Wir sind momentan auf Tour, die wunderschön ist und von der wir total geplättet sind. Wir sind mit einer super Crew unterwegs und jeder Abend ist für uns und hoffentlich auch die Besucher ein sehr glückliches Erlebnis. Daher will ich gerne noch in dieser "Tourblase" bleiben und noch nicht so strategisch nach vorne denken. Ich weiß, dass unser 20-jähriges ansteht, aber ich will vor lauter Zelebriererei nicht vergessen, den Tag zu genießen.
Am Vorverkaufstag für die Karten zum Wuhlheide-Konzert kam es ja wieder - wie schon öfter in diesem Jahr zu Serverzusammenbrüchen. Verfolgt Ihr sowas an den jeweiligen Tagen morgens dann immer?
Peter: Dieses Mal gab es ja glücklicherweise keine Serverausfälle. In letzter Zeit hatten wir dagegen oft mit Pech. Weil wir das besonders cool machen wollten, ist das leider etwas nach hinten losgegangen. Wir verfolgen den Vorverkauf aber schon. Ich stehe jetzt zwar nicht auf und setze mich sofort mit einem Kaffee an den Rechner und schaue nach den Ticketverkäufen. Aber mich interessiert schon, was die Internetwelt von uns denkt.
In dem Zusammenhang kommt man gleich noch zu dem Problem mit Konzertkarten und Ebay. Immer wieder kaufen Leute viele Karten, um sie nachher für horrende Preise bei Ebay anzubieten. Habt Ihr schon einem über an eine Personalisierung der Tickets gedacht? Zumindest für Clubkonzerte?
Peter: Ja. Es wird in irgendeiner Form immer wieder diskutiert, wie man diesen Schwarzhandel das Wasser abgraben kann. Da haben sich aber auch schon ganze Bands andere die Zähne ausgebissen. Wie das mit einer Personalisierung gehen soll, weiß ich allerdings auch nicht so recht. Irgendwie schreibt man den Leuten dann vor, wer kommen darf und wer nicht. Klar ist es schade, wenn Leute nicht reinkommen, weil irgend so ein Vollpfosten Karten gekauft hat und die für teures Geld verkauft. Da blutet einem das Herz. Vielleicht gibt es ja in Zukunft eine Möglichkeit, dieses Vorgehen einzudämmen. Ich glaube allerdings nicht, dass man es komplett abschaffen kann, weil es immer ein weiches Glied in der Kette geben wird. Und irgendwo endet auch die Verantwortung der Band. Wir können ja nicht mehr machen, als Karten verkaufen. Leider wird man es nie komplett beherrschen können, aber wir wissen um das Problem und versuchen, es einzudämmen.
Die Fans warten schon sehnsüchtig auf Konzerttermine für Prag, Amsterdam oder London. Könnt Ihr schon etwas zu der anstehenden Europatour verraten?
Peter: Wann genau, kann ich noch nicht sagen. Die erste Jahreshälfte würde sich aber anbieten. Es ist jetzt aber noch zu früh, um darüber zu reden.
In letzter Zeit konnte man ja immer öfter Arnim dabei beobachten, wie er den Mittelfinger in Richtung der Handys zeigt. Auch kamen regelmäßig Ansagen, heute mal die Handys stecken zu lassen. Hast du eine ähnliche Einstellung bezüglich der immer extremer werdenden Nutzung von Handys und Kameras auf Konzerten?
Peter: Ich sehe das genauso wie Arnim. Leider ist das bei Konzerten eine richtige Unsitte geworden. Wenn man mal ein Bild macht, ist das ja kein Problem. Aber ich verstehe nicht, wie man teilweise ganze Lieder filmt. Es ist doch total blöd, den Augenblick zu verpassen. Man sollte doch lieber den Abend genießen, weil der in der Form so nicht wiederkommt. Ich finde das total albern, dass man immer sofort alles teilen muss. Ich finde das gut, die Leute darauf hinzuweisen.
Nachdem Ihr von eurem Auftritt bei TvTotal nicht wirklich überzeugt ward und Harald Schmidt nun in Rente gegangen ist, scheint Ihr Euch ja - zumindest was Mainstream-Fernsehen angeht - auf Circus Halligalli festgelegt zu haben. Bietet die Sendung die größten "Freiheiten" hinsichtlich der Wahl des Auftrittes?
Peter: Es ist auf jeden Fall das Format, mit dem man wahrscheinlich die meisten Leute erreicht, ohne sich zum Affen zu machen und es cool rüberkommt. Wir achten immer ganz genau darauf, wo wir auftreten und ob das für uns noch cool ist, oder nicht. Nur um gesehen zu werden, darauf haben wir keine Lust. Circus HalliGalli hat ein ziemlich cooles Team, mit denen man alle abstrusen Ideen bequatschen kann. Die sind da voll Feuer und Flamme, sich mit einem etwas auszudenken und das dann auch umzusetzen. Das ist nicht so, dass da irgendwo deine CD in die Kamera gehalten wird und du da einfach spielst. Die machen sich schon mehr Gedanken. Auch wenn ich wahrlich nicht alles super in der Sendung finde. Aber es gibt einfach ganz wenig Formate, wo man unbedingt hin möchte.
Ihr habt gerade im Zuge dieses Albums viele Konzertmitschnitte „veröffentlicht“ (Rockpalast: Dortmund, Reeperbahnfestival, 1Live Krone, Radio). Verhindert das nicht in gewisser Weise die Veröffentlichung einer DVD/Livealbum, wenn man bereits alles freizugänglich über TV und Radio macht?
Peter: Also DVD und Livealbum sind erst einmal gar nicht in Planung. Das haben wir ja zuletzt für eine ganze Weil erst einmal mit Muffensausen abgehakt. Manchmal ist es mir auch ein bisschen viel mit den TV-Auftritten. Auf der anderen Seite haben wir auch keine Zeit zu verlieren, Leuten mitzuteilen, dass es uns gibt. Es soll ja Leute geben, die noch nicht wissen, dass es uns gibt. Mittlerweile wird doch auch so viel von den Zuschauern auf Konzerten gefilmt, da ist es doch eine gute Abwechslung, wenn man das auch einmal in guter Qualität schauen kann und man Einfluss darauf hat, mit wem das macht. So hat man es wenigstens noch einigermaßen selber in der Hand und kann vielleicht noch einmal etwas am Sound herumdrehen. Das war es dann aber auch. Das hat sich so ein bisschen abgelaufen. Früher waren wir ganz vorsichtig und haben kaum Livetakes rausgegeben, damit die Leute zu den Konzerten kommen. Man möchte das Liveerlebnis nicht so entweihen. Mittlerweile sehe ich das allerdings ein bisschen anders. Ich sehe das eher als kleines Werbefilmchen, was dazuführen kann, dass neue Leute auf uns aufmerksam werden.
Was sagst du zum Thema Festivalsterben. Mittlerweile hat es ja auch große Festival getroffen wie Area4 oder Omas Teich. Wollt und könnt ihr nur noch große Festivals in Zukunft spielen? Oder wollt ihr auch weiterhin den kleinen Festivals treu bleiben?
Peter: Auf jeden Fall. Wir spielen nicht nur große Festivals. Wir haben erst noch letztes Jahr auf relativ kleinen gespielt. Wir versuchen, solange es geht, immer alles zu machen. Es geht nicht nur immer ums Geld verdienen. Wir müssen zwar Geld verdienen, weil wir alle Familien haben und diese ernähren müssen, aber es nicht nur konsequentes Geld verdienen. Dann würden wir ja schon viel mehr verdienen und ganz viel absagen. Wir spielen auch auf kleinen Festivals. Da gibt es zwar nicht ultraviel Geld, aber trotzdem macht es Spaß. Manche Festivals sind ja nur ehrenamtlich organisiert und da hat man einfach totalen Respekt vor. Natürlich können wir nicht alles machen, aber wir versuchen einen Grad zu finden, in dem sich alles gut anfühlt. Es tut mir Leid für kleinere Festivals, aber leider ist das der Lauf der Dinge.
Habt ihr schon mal über ein Akustik-Set/Album nachgedacht?
Peter: Wie würdet ihr das denn finden?
Wir glauben, dass da einige Fans sicherlich darauf warten.
Peter: Echt? So eine richtige Meinung fehlt mir nämlich noch.
Ihr habt doch auf ZDF Neo letztens "I Never Was" akustisch performt. Wir fanden das ziemlich cool.
Peter: Das haben wir im Zuge unserer Promotour gemacht. Und auch da haben wir oft Anfragen für Akustiknummern gehabt. Aber wir haben immer gesagt: "Uns gibt es nur als Band." Aber irgendwann haben wir uns selber hinterfragt: "Warum eigentlich nicht?" Wenn man doch Lieder hat, die so funktionieren, warum kann man die nicht einfach kurz spielen? Andere Bands machen das ja schließlich auch. Wir haben es dann aber einmal ausprobiert und waren ganz überrascht, wie viel Spaß das macht und das es doch eigentlich ganz gut ankommt. Manchmal ist es ja auch schön, wenn man in einer Sendung nicht nur erzählt, sondern auch kurz zeigt, worum es eigentlich geht. Wir haben immer so eine extreme Angst vor so einem verklärten Rückschaublick: "So jetzt spielen wir mal alten Lieder akustisch." Aber trotzdem macht das Spaß und könnte eine Herausforderung sein. Wir wissen selbst bandintern noch nicht, wie wir jetzt dazu stehen. Irgendwie hat man Lust, dann denkt man aber auch wieder, da ist irgendeine Gefahr. Eigentlich sollte das keinen Einfluss haben. Eigentlich sollte man das machen, was einem Spaß macht. Wir müssen uns darüber mal genau Gedanken machen. Die Zeit haben wir gerade auf Tour aber einfach nicht. Im nächsten Jahr werden wir im Proberaum sitzen und sagen: "Wir haben eine richtig coole Tour gespielt. Was machen wir als nächstes? Was würde uns Spaß machen?" Eigentlich geht es immer so los. Die Zeit ist schließlich begrenzt. Haben wir mehr Bock auf eine neue Platte? Spielen wir eine Tour? Oder machen wir eben etwas unplugged?
Solange es nicht auf irgendwelche Soloprojekte hinausläuft.
Peter: Nein. Also ich habe keine Ambitionen. Ich muss mal die anderen fragen, aber ich glaube, die auch nicht.
Campino steht ja derzeit wegen seines BandAid-Projekts ganz schön in der Kritik. Was haltet ihr davon? Wurdet ihr auch gefragt?
Peter: Da haben wir uns drüber unterhalten und ich möchte da eigentlich gar nichts zu sagen, weil man sich da nur verplappern kann. Ich mag Campino extrem gerne und habe großen Respekt für alles was die Hosen machen, gemacht haben und machen werden. Außerdem fehlen mir zu dem Thema die nötigen Hintergrundinfos, um mich da auf irgendeine Seite schlagen zu können.
Herzlichen Dank für das Interview.